Imperien sterben leise
–
Wie der Westen seine
Werte verrät, während er sie verteidigen will -
André Schmidt (*23. April 1967in Erfurt) hat den Lehrstuhl für Makroökonomik und
Internationale Wirtschaft an der Universität
Witten/Herdecke inne – ihm werden folgende Zeilen zugeschrieben
und da ich ganz seiner Meinung bin schreibe ich sie hier:
Imperien sterben leise
Sie sterben nicht durch
Bomben, nicht durch Eroberung, nicht durch äußere Gewalt.
Imperien sterben von
innen. Langsam, schleichend, fast lautlos – so lange, bis es zu spät ist. Und
genau das passiert gerade.
Der Westen, einst die
mächtigste Zivilisation auf dem Globus, der Motor von Fortschritt, Aufklärung,
Menschenrechten und Demokratie, steht vor der größten Krise seiner Existenz.
Nicht, weil er angegriffen wird. Sondern weil er sich selbst aufgibt. Weil er
begonnen hat, seine eigenen Werte zu verraten – während er vorgibt, sie zu
verteidigen. Was als Tugend begann, ist zur Karikatur verkommen. Und was einst
Stärke war, wird heute verdächtigt, zu unterdrücken.
Der Westen bekämpft
nicht mehr seine Feinde. Er bekämpft sich selbst. Freiheit wird beschworen,
während Zensur durch die Hintertür eingeführt wird. Demokratie wird gefeiert,
während Bürger immer weniger zu sagen haben. Menschlichkeit wird betont,
während Ordnung, Sicherheit und Selbstverantwortung als hart oder unmenschlich
gelten.
Es ist, als würde ein
Mensch in den Spiegel schauen und sich selbst nicht mehr erkennen. Stattdessen
versucht er, das Spiegelbild zu korrigieren – ohne zu begreifen, dass er selbst
die Quelle der Verzerrung ist. Wir leben in einem Zustand, in dem Stärke als
Bedrohung gilt und Wehrhaftigkeit als Rückschritt. In dem Klarheit mit Härte
verwechselt wird und Orientierung mit Radikalität. Alles, was einst Fundament
einer stabilen Gesellschaft war – Disziplin, Respekt, Opferbereitschaft,
gesunder Stolz – wird in Frage gestellt, dekonstruiert, umgedeutet.
Doch während wir unsere
eigene Identität zerlegen, stehen andere bereit. Sie warten nicht. Sie
diskutieren nicht. Sie analysieren nicht endlos.
Sie handeln.
China expandiert klug,
geduldig, strategisch. Russland führt mit Härte, Zielstrebigkeit und einem
klaren Machtverständnis. Der globale Süden erkennt die Schwäche des Westens –
und beginnt, eigene Wege zu gehen.
Und wir? Wir erklären,
was richtig wäre – und verlieren jeden Einfluss, weil wir verlernt haben, es zu
leben.
Der Westen ist satt.
Dekadent. Beschäftigt mit sich selbst. Ein Teil seiner Eliten glaubt, Werte
seien etwas Abstraktes, das sich von selbst erhält. Aber Werte müssen
verteidigt werden. Nicht nur mit Worten. Sondern mit Haltung. Mit Konsequenz.
Mit Mut. Ohne das ist Moral nur Theater. Und Freiheit nur ein Placebo. Wir
verteidigen heute keine Prinzipien mehr. Wir verteidigen Meinungen.
Und wir glauben, das
reiche aus. Aber während wir uns über Begriffe streiten, reißen andere Länder
Territorien an sich, kontrollieren Rohstoffe, bauen Netzwerke auf.
Sie
haben keine Illusionen – sie haben Ziele.
Und genau deshalb
werden sie gewinnen, wenn wir nicht aufwachen.
Imperien
sterben leise. Nicht durch Explosionen. Sondern durch das Geräusch von
nachgiebigem Schweigen, bequemem Wegsehen und dem ewigen Satz: „So schlimm wird
es schon nicht kommen.“
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